Digitaler Führerschein für Kinder und Jugendliche

Digitaler Führerschein soll Kinder gegen Gefahren im Netz schützen.
Modellprojekt im Kreis Wesel und in Krefeld

Pressemitteilung |

Ein Social-Media-Verbot für Kinder, wie es am Donnerstag (28.11.) in Australien beschlossen wurde, ist in Deutschland bislang nicht geplant. Aber auch hierzulande fordern Experten: Es muss etwas passieren. Dass die Gefahren für Heranwachsende im Netz zunehmen, belegen auch die aktuellen Zahlen der am Freitag (29.11.) veröffentlichten JIM-Studie. Die SozialstiftungNRW reagiert auf die aktuellen Herausforderungen. Mit ihrem Programm „Digitale Teilhabe stärken – gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen“ legt die Stiftung gezielt einen Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche. Eines der geförderten Modellprojekte startet im Januar im Kreis Wesel und in Krefeld mit einem digitalen Führerschein für Grundschulkinder.

Kreis Wesel / Krefeld. Brandgefährlich waren die extrem scharfen Tortilla-Chips, die Kinder im Kreis Wesel mit in ihre Offenen Ganztagsschulen (OGS) brachten. Sie wollten sich an der sogenannten „Hot Chip Challenge“ beteiligen, die im vergangenen Jahr sogar für Notarzt-Einsätze sorgte. Zum Glück zogen aufmerksame Erzieherinnen das gefährliche Knabberzeug rechtzeitig aus dem Verkehr. „Wir sehen mit Entsetzen, dass die Werbung für solche Mutproben über die Sozialen Medien sogar schon bei unseren Grundschulkindern ankommt“, sagt Uta Schumann von der Internationaler Bund West gGmbH (IB West). Der Träger betreibt sechs OGS in Wesel, Moers, Dinslaken und Krefeld, an denen ab Januar ein neues Projekt für digitale Medienkompetenz startet. Die SozialstiftungNRW unterstützt das Vorhaben „TESDIGO – Teihabe stärken – digital und gesellschaftlich an der OGS“ mit knapp 100.000 Euro.

Siehe: https://sozialstiftung.nrw/projekt-des-monats-november-tesdigo 

Förderprogramm kam „wie gerufen“

Es musste dringend etwas geschehen“, betont Schumann. Denn Kinder kämen immer früher mit Online-Angeboten in Kontakt. „Wir beobachten, dass schon junge Kinder viel Zeit im in den Sozialen Medien verbringen und ohne Bewusstsein für die Gefahren alles nachahmen, was sie dort zum Beispiel bei Influencern sehen. Da kam es wie gerufen, dass wir nun mit Hilfe der SozialstiftungNRW ein Projekt zu dem Thema starten können.“ „TESDIGO“ soll die 810 Kinder an den sechs OGS sicher im Umgang mit Online-Angeboten machen und das pädagogische Personal schulen. Während der einjährigen Laufzeit sollen die Kinder einen digitalen Führerschein erwerben. „Wir möchten die Kinder mit so viel Wissen ausstatten, dass sie die Angebote im Netz kritisch betrachten und nicht alles blind mitmachen“, sagt Projektleiterin Beate Apostel. In den Gruppenstunden sollten zum Beispiel Botschaften von Influencern kritisch beleuchtet werden, Fake News und manipulierte Fotos enttarnt werden. „Aber wir möchten die Kinder auch dafür sensibilsieren, welche Informationen sie über sich selbst preisgeben.“ Ein gutes Verhalten und Miteinander im Netz können die Kinder dann auf einem geschützten Server einüben. Dort gibt es digitale Themenräume, die von den Mitarbeitenden der OGS begleitet und moderiert werden. Sie bieten den Kindern auch Beratung an, etwa zum Thema digitale Gewalt.

Projekt entwickelt modellhaftes Medienbildungskonzept

Wie wichtig die frühe Sensibilisierung für die Gefahren im Netz ist, zeigen auch die Ergebnisse der am Freitag (29.11) veröffentlichten bundesweiten JIM-Studie, die jährlich die Mediennutzung von Jugendlichen erforscht. Danach sind Jugendliche immer häufiger mit problematischen Inhalten im Internet konfrontiert – überwiegend auf Social-Media-Plattformen. Laut der Studie sind mehr als 60 Prozent aktuell mit Fake News und fast eben so viele mit beleidigenden Kommentaren konfrontiert worden. Fast jeder dritte Jugendliche wurde im Internet schon einmal sexuell belästigt.

„Diese Zahlen belegen einmal mehr, wie dringend neue Konzepte gebraucht werden, um Kinder und Jugendliche gegen Gefahren im Netz zu wappnen“, erklärt der Ratsvorsitzende der SozialstiftungNRW, Marco Schmitz, MdL. Das ist einer der Gründe, warum die SozialstiftungNRW in diesem Jahr das Förderprogramm „Digitale Teilhabe stärken“ aufgelegt hat. Wir erwarten, dass die beispielhaften Förderprojekte auch in die Breite wirken.“ Ziel des Projekts TESDIGO etwa ist es, ein Medienbildungskonzept mit einem Werkzeugkoffer zu entwickeln, der dann auch anderen OGS zur Verfügung steht. Zudem organisiert die SozialstiftungNRW Transferveranstaltungen, in denen sich alle Projekte des Förderprogramms untereinander austauschen und vernetzen können.
TESDIGO ist eines von insgesamt 151 Projekten, die vom Programm „Digitale Teilhabe stärken“ profitieren. Dafür stellt die SozialstiftungNRW insgesamt rund 11,8 Millionen Euro bereit. Der Schwerpunkt des Programms liegt mit einem Fördervolumen von rund 4,5 Millionen Euro im Handlungsfeld Kinder und Jugendliche. Zudem werden Projekte für die digitale Teilhabe von Menschen mit kongnitiven Einschränkungen oder Mehrfachbehinderungen mit 3,3 Millionen Euro unterstützt. In Projekte für Pflegebedürftige fließen zwei Millionen Euro und Vorhaben im Bereich „Soziale Beratung“ werden mit 1,8 Millionen Euro gefördert.

Die IB West gGmbH mit Sitz in Köln bietet soziale Dienstleistungen an und ist dem Deutschen Roten Kreuz angegliedert.


Die SozialstiftungNRW:

Die SozialstiftungNRW – mit gesetzlichem Namen Stiftung Wohlfahrtspflege NRW – ist eine Stiftung öffentlichen Rechts des Landes Nordrhein-Westfalen. 1974 als Sozialstiftung gegründet, erhält sie jährlich 25 Millionen Euro aus den Erlösen der Spielbanken in Nordrhein-Westfalen. Damit finanziert sie soziale Projekte der
gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege und ermöglicht die Umsetzung innovativer Ideen. Bis heute hat sie rund 8.000 Vorhaben mit einer Fördersumme von rund einer Milliarde Euro unterstützt. Über die Auswahl der Projekte entscheidet der zehnköpfige Stiftungsrat. Er besteht zur Hälfte aus Parlamentariern, die vom NRW- Landtag entsandt werden. Jeweils zwei Mitglieder stellen die Spitzenverbände in der Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW sowie die zuständigen Landesministerien.

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