Ein gemeinsames Dach für den Rhein-Sieg-Kreis

Für wohnungslose Menschen ist ein sicherer Ort zum Schlafen ein wichtiger erster Schritt, um sich zu stabilisieren. Um im Rhein-Sieg-Kreis einen zuverlässigen Anlaufpunkt zu bieten, hat der Katholische Verein für Soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis e.V. (SKM) mit einem Neubau seine Notschlafstelle erweitert, die das einzige Angebot ihrer Art im ganzen Kreis ist.

Eine junge Frau sitzt auf einem Bett in einer Notschlafstelle und spricht ernst mit einer Betreuerin.

Ankerplatz Notschlafstelle

Wo kann ich heute Nacht schlafen? Wo ist ein sicherer Ort für mich und meine Sachen? Wie es ist, sich diese Fragen stellen zu müssen, ist für viele schwer vorstellbar. Um so wichtiger sind sichere Schlafplatz-Angebote, die Menschen ohne festen Wohnsitz zumindest vorübergehend ein Mindestmaß an Stabilität und Ruhe ermöglichen können. Ein sauberes Bett, eine Dusche, eine warme Mahlzeit sind oft der erste Schritt. Dominik Schmitz, Fachbereichsleiter der Wohnungslosenhilfe des SKM freut sich, wenn er sieht „wie schnell Menschen zur Ruhe kommen können, wenn man den Raum dafür bieten kann.“

Die Notschlafstelle Siegburg dient dabei als erster Anlaufpunkt und kann auch zum Startpunkt für subjektive Erfolgsgeschichten werden. Wie zum Beispiel die einer jungen Frau aus dem Kreis, die als Jugendliche mit ihren Eltern nach Nordafrika zog, um dann mit 18 Jahren nach Deutschland zurückzukehren – allein, ohne Anlaufstelle und komplett auf sich gestellt. In der Notfallschlafstelle Siegburg fand sie Anschluss und Beratungsmöglichkeiten. Heute lebt sie mit Mann und Kindern in ihrer eigenen Wohnung, hat einen Ausbildungsplatz und steht mit beiden Beinen im Leben. Solche Geschichten beflügeln – nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch die Mitarbeitenden.

SKM - Katholischer Verein für soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis e. V.
Invest/Steine
2023
526.200€

„Es ist immer toll, wenn Menschen ohne Halt und Anlaufstelle durch unsere niederschwellige Hilfe ihren Lebensweg wieder- oder neu finden.“

Dominik Schmitz, Fachbereichsleiter Wohnungslosenhilfe, SKM

Die einzige Notschlafstelle für Frauen im Rhein-Sieg-Kreis

Statistisch gesehen ist jede dritte wohnungslose Person eine Frau. Dabei wird jedoch von einer höheren Dunkelziffer in der sogenannten verdeckten Obdachlosigkeit ausgegangen. Für diese Frauen ist die Notschlafstelle Siegburg die einzige Anlaufstelle in der Region. Aufgrund der oftmals erlebten Gewalterfahrungen ist spezieller Schutz für sie besonders wichtig. Neben passenden, separaten Räumlichkeiten gibt es dazu nun auch eine eigene Beratungsstelle, um langfristig die Chancen für eine Rückkehr ins geregelte Leben zu erhöhen.

Ein Rückzugsort, um wieder nach vorne blicken zu können

Die Notschlafstelle bietet wohnungslosen Personen an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr die Möglichkeit der Notaufnahme. Das Ziel ist es, in bis zu zehn Tagen angemessene Krisenintervention zu leisten, in der eine Beratung und Weitervermittlung in betreute Wohnformen angestrebt wird. Natürlich gibt es auch Ausnahmen und Personen, die länger bleiben. 

Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Betreuung junger Menschen, die – kaum volljährig – zu Hause von den Eltern rausgeworfen werden. Insbesondere unmittelbar nach der Corona-Pandemie sind diese Zahlen deutlich gestiegen. 

Damit sich Wohnungslosigkeit nicht schon im frühen Alter verfestigt, ist unmittelbare Unterstützung hier besonders wichtig, um schnellstmöglich aus dem Teufelskreis der Wohnungslosigkeit herauszufinden. Denn ein sicheres Dach über dem Kopf und eine Postadresse sind beispielsweise Voraussetzungen für den Erhalt von Sozialleistungen, einen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag. Und nicht zuletzt leidet auch die Selbstachtung jeder Person, die in einer prekären, obdachlosen Situation ist.

Ein Neubau und alte Tugenden wie Geduld und Zeit

Mit dem kompletten Neubau der Notschlafstelle sind schöne, saubere Räumlichkeiten entstanden, die für ein wenig Wohlfühlatmosphäre sorgen können. Das Hilfsangebot der Notschlafstelle ist dabei niederschwellig angelegt. Das heißt: Mitarbeitende nehmen sich Zeit für die Menschen, ohne zu tief in den Lebensbiografien zu bohren. Hier ist oft Geduld und Empathie gefragt, um Vertrauen und damit auch den Zugang zu einer Person herzustellen. Manchmal helfen kleine gemeinsame Erlebnisse dabei, das Eis zu brechen. Auch das Verhältnis und die Hilfsbereitschaft der Gäste untereinander ist ein Faktor. „Manche möchten auch etwas zurückgeben oder springen mit speziellen Sprachkenntnissen ein.“, erzählt Dominik Schmitz.

2023 hat die Wohnungslosenhilfe im Rhein-Sieg-Kreis insgesamt 496 Frauen beraten und begleitet, 306 Personen nutzten insgesamt die Notschlafstelle. Das Neubauprojekt wurde 2023 fertiggestellt und von der SozialstiftungNRW mit einer Fördersumme von 526.200 Euro unterstützt. Zusätzlich wurde in den nicht geförderten Räumlichkeiten das Angebot der Siegburger Tafel ausgebaut, sie werden zur Ausgabe von warmen Mahlzeiten und von Kleidung sowie für den gemeinsamen Aufenthalt genutzt.