Jedes Jahr am 15. Oktober wird der Kinder gedacht, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt verstarben. Das Erlebnis einer Tot- oder Fehlgeburt wirft für viele Eltern emotionale Probleme und auch praktische Fragen auf. Nicht immer finden Eltern sogenannter Sternenkinder die Hilfe, die sie brauchen. Ein von der SozialstiftungNRW gefördertes Projekt will das nun ändern.
Essen / Köln. In Deutschland wurden zuletzt jährlich rund 3.000 Totgeburten registriert. Hinzu kommt die größere Anzahl von schätzungsweise rund 40.000 Fehlgeburten, die sich zu einem früheren Zeitpunkt der Schwangerschaft ereignen. Sie müssen nicht gemeldet werden. Eltern, die ein sogenanntes Sternenkind verlieren, bekommen bisher nicht immer ausreichend Hilfe, weil ihr Unterstützungsbedarf nicht erkannt wird oder bestehende Angebote nicht vernetzt sind. Ein Modellprojekt entwickelt nun erstmals in Nordrhein-Westfalen einen Leitfaden, um die Begleitung betroffener Familien zu verbessern. Es wird am Elisabeth-Krankenhaus in Essen umgesetzt und wissenschaftlich begleitet vom Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie (IGKE) sowie dem Institut für Hebammenwissenschaft (IH) der Universität Köln. Die SozialstiftungNRW fördert das Vorhaben mit 692.900 Euro.
Viele Fragen und Unsicherheiten
Viele Eltern stünden nach einer Tot- oder Fehlgeburt zunächst unter Schock, beobachtet Nicola Bauer, Professorin für Hebammenwissenschaften an der Universität Köln. „Es ist so, als wenn ein Angehöriger verstirbt.“ Zugleich sind die Eltern mit zahlreichen Fragen konfrontiert: Wo und wie kann ein im Mutterleib verstorbenes Baby entbunden werden? Wie können der Abschied und eine Beisetzung des Kindes gestaltet werden? Und wo gibt es psychologische Hilfe? Fehlende Unterstützung kann sowohl körperliche als auch psychische Langzeitfolgen haben. Studien zeigen, dass Frauen nach schlecht bewältigten Schwangerschaftsverlusten seltener oder gar nicht mehr schwanger werden.
„Es gibt zwar bereits punktuell Unterstützungsangebote“, erklärt Dr. Daniela Reitz, Chefärztin der Frauenklinik am Elisabeth-Krankenhaus. „Doch weil es an klaren Standards und Netzwerken fehlt, entstehen oft Lücken in der Versorgung. Wir wollen deshalb allen beteiligten Berufsgruppen eine Orientierungshilfe bieten, die eine nahtlose Begleitung von Familien mit Sternenkindern ermöglicht.“
Betroffene reden mit
Derzeit werden im Rahmen des Projekts alle 146 Geburtskliniken in Nordrhein-Westfalen befragt. Ziel ist eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Strukturen und Unterstützungsangebote für Eltern von Sternenkindern. Im Januar ist ein sogenanntes „World Café“ geplant. Dabei diskutieren nicht nur Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen Berufsgruppen, sondern auch betroffene Eltern aus Selbshilfegruppen über Fragen und Lösungsansätze. Erste Projekt-Ergebnisse werden am 18. November auf der Fachmesse Medica in Düsseldorf präsentiert, wo sich das Vorhaben vorstellt. Weitere Informationen finden sich auch auf der Projekt-Website www.sternenkinder.uni-koeln.de .
Zum Hintergrund:
Informationen zur SozialstiftungNRW
Die SozialstiftungNRW – mit gesetzlichem Namen Stiftung Wohlfahrtspflege NRW – ist eine Stiftung öffentlichen Rechts des Landes Nordrhein-Westfalen. 1974 als Sozialstiftung gegründet, erhält sie jährlich 24,5 Millionen Euro aus den Erlösen der Spielbanken in Nordrhein-Westfalen sowie rund 1,1 Millionen Euro aus den Lotterie- und Wetteinnahmen. Damit finanziert sie soziale Projekte der gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege und ermöglicht die Umsetzung innovativer Ideen. Bis heute hat sie rund 8.700 Vorhaben mit einer Fördersumme von einer Milliarde Euro unterstützt. Über die Auswahl der Projekte entscheidet der zehnköpfige Stiftungsrat. Er besteht zur Hälfte aus Parlamentariern, die vom NRW-Landtag entsandt werden. Jeweils zwei Mitglieder stellen die Spitzenverbände in der Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW sowie das Sozialministerium. Ein weiteres Mitglied stellt das Finanzministerium.