Jedes Jahr erleben viele Familien das schmerzhafte Schicksal einer Tot- oder Fehlgeburt. Viele Betroffene leiden nicht nur unter der emotionalen Belastung, sondern haben auch ganz praktische Fragen. Häufig finden die Betroffenen aber nicht die Hilfe, die sie brauchen. Ein von der SozialstiftungNRW gefördertes Projekt will das nun ändern.
Essen / Köln. In Deutschland steigt die Zahl der Totgeburten seit 2010 kontinuierlich an. Damals gab es etwa 3,6 Totgeburten pro 1.000 Geburten, im Jahr 2022 waren es bereits 4,4 pro 1.000. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Fehlgeburten, die oft im Verborgenen bleiben. Eltern, die ein sogenanntes Sternenkind verlieren, werden bisher nicht immer ausreichend unterstützt, weil ihre Bedarfe nicht erkannt oder bestehende Angebote nicht vernetzt sind. Ein Modellprojekt am Elisabeth-Krankenhaus in Essen will nun erstmals in Nordrhein-Westfalen einen Leitfaden entwickeln, um die Begleitung betroffener Familien zu verbessern. Die SozialstiftungNRW fördert das Vorhaben mit 692.900 Euro.
Häufige Lücken in der Versorgung
"Der Verlust eines Sternenkindes trifft Familien ins Mark. Viele Mütter und Väter fühlen sich in dieser schweren Zeit allein gelassen, weil passende Hilfen fehlen oder nicht vernetzt sind. Das geförderte Projekt setzt genau hier an. Es schafft verlässliche Strukturen, die Familien nicht nur medizinisch, sondern auch menschlich und psychologisch begleiten. Als SozialstiftungNRW wollen wir dazu beitragen, dass betroffene Eltern endlich die Unterstützung bekommen, die sie wirklich brauchen", erklärt der Vorsitzende des Stiftungsrates der SozialstiftungNRW, Marco Schmitz, MdL.
"Erst vor gut einem Monat hat der Bundestag den Mutterschutz für Frauen ausgeweitet, die eine Fehlgeburt erlitten haben. Die SozialstiftungNRW geht nun einen Schritt weiter und treibt mit der Förderung des Projekts am Essener Elisabeth-Krankenhaus die bessere Betreuung und Versorgung dieser Frauen und ihrer Familien voran."
"Es gibt zwar bereits punktuell Unterstützungsangebote", erklärt Dr. Daniela Reitz, Chefärztin der Frauenklinik am Elisabeth-Krankenhaus. "Doch weil es an klaren Standards und Netzwerken fehlt, entstehen oft Lücken in der Versorgung. Wir wollen deshalb allen beteiligten Berufsgruppen eine Orientierungshilfe bieten, die eine nahtlose Begleitung von Familien mit Sternenkindern ermöglicht."
Leitfaden soll die Bedürfnisse Betroffener berücksichtigen
Für Eltern von Sternenkindern ist es nach dem Verlust ihres Kindes häufig schwierig, die passenden Unterstützungsangebote zu finden. Das beginnt beispielsweise bei akuter psychologischer Hilfe über die Beratung bei den oft sehr komplexen Fragen rund um die Beisetzung des Sternenkindes bis hin zur Suche nach speziellen Rückbildungskursen nach Fehlgeburten. Fehlende Hilfe kann für die Betroffenen sowohl körperliche als auch psychische Langzeitfolgen haben. Im Rahmen des Projekts sollen zunächst Betroffene befragt, deren Bedürfnisse ermittelt sowie die derzeitige Versorgungslage analysiert werden. Daraus soll ein modellhafter Leitfaden entwickelt werden, der auch für andere Kliniken nutzbar ist.
Das Projekt, das im August starten soll, läuft über 28 Monate. In dieser Zeit werden Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten. Die wissenschaftliche Begleitung übernehmen das Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie (IGKE) und das Institut für Hebammenwissenschaft (IH) der Universität Köln.
Zum Hintergrund:
Informationen zur SozialstiftungNRW
Die SozialstiftungNRW – mit gesetzlichem Namen Stiftung Wohlfahrtspflege NRW – ist eine Stiftung öffentlichen Rechts des Landes Nordrhein-Westfalen. 1974 als Sozialstiftung gegründet, erhält sie jährlich 24,5 Millionen Euro aus den Erlösen der Spielbanken in Nordrhein-Westfalen sowie rund 1,1 Millionen Euro aus den Lotterie- und Wetteinnahmen. Damit finanziert sie soziale Projekte der gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege und ermöglicht die Umsetzung innovativer Ideen. Bis heute hat sie rund 8.700 Vorhaben mit einer Fördersumme von einer Milliarde Euro unterstützt. Über die Auswahl der Projekte entscheidet der zehnköpfige Stiftungsrat. Er besteht zur Hälfte aus Parlamentariern, die vom NRW-Landtag entsandt werden. Jeweils zwei Mitglieder stellen die Spitzenverbände in der Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW sowie die zuständigen Landesministerien.